Gamification in der Wissenschaftskommunikation
Von Maximilian Beyer // 17. März 2021
Wir sehen eine pixelige, zweidimensionale Welt, die an die Videospiele der 90er-Jahre erinnert. Ein Avatar steht auf einem Weg, der mit vielen Kurven in einen Wald führt. Rechts von ihm liegt ein großer, tiefblauer See. Die Reise beginnt.
Das Netzwerktreffen im Zeichen von Spielen
Das Netzwerktreffen der Jugend präsentiert-Alumni findet Ende Februar digital statt. Das Programm steht ganz im Zeichen von Spielen. So lernen sich die Teilnehmenden etwa über ein virtuelles Bingo-Spiel kennen. An beiden Tagen des Treffens stellen sich die Alumni zudem den Aufgaben eines eigens vom Jugend präsentiert-Team entwickelten Escape-Games, bei dem sie das Jugend präsentiert-Jubiläum des Jahres 2061 retten müssen.
In einem Impuls spricht Alumni Lars über Gamification in der Wissenschaftskommunikation. Er hat vor sieben Jahren am Jugend präsentiert-Wettbewerb teilgenommen und ist in unserem Alumni-Netzwerk aktiv. Lars hat ein Videospielunternehmen gegründet, das Projekte im Bereich Gamification umsetzt. Für seinen Vortrag nimmt er uns mit auf eine Reise durch eine virtuelle Welt. Dafür steuert er den Avatar und erläutert parallel die Stationen, die dieser erreicht. Lars zeigt so, dass Videospiele auch als Präsentationsformat eingesetzt werden können.
Der Avatar folgt dem gewundenen Weg, vorbei an Bäumen und Sträuchern. Bald erreicht er ein Gebäude: Das Museum der Wissenschaftskommunikation.
Potential für Videospiele in der Wissenschaftskommunikation
Dort macht Lars deutlich, dass er ein großes Potential für Videospiele in der Wissenschaftskommunikation sieht: „Sie stellen eine Möglichkeit dar, mit der die Wissenschaft Handlungsempfehlungen sehr gut kommunizieren kann“. Dafür müsse jedoch die Barriere zwischen Spielen und Wissenschaftskommunikation überwunden werden. Zudem weist Lars auf einen limitierenden Faktor hin: „Videospiele zu entwickeln ist teuer“.
Der Avatar verlässt das Museum der Wissenschaftskommunikation und biegt wieder auf den Pfad. Am Wegrand sehen wir eine alte, verwitterte Mauer. Der Weg gabelt sich. Links und rechts des Weges liegen zwei Schlösser. Das eine trägt den Namen „Direkte Kommunikation“, das andere den Namen „Indirekte Kommunikation“.
Direkte Kommunikation
Was es damit auf sich hat, erklärt Lars. Videospiele böten zwei Möglichkeiten, Wissen zu vermitteln: Einerseits mit direkter Kommunikation, andererseits mit indirekter. Bei der ersten dient das Spiel nicht primär dem Zweck der Wissenskommunikation, sondern bildet nur den Rahmen dafür. Das Wissen wird über die Inhalte des Spiels – etwa Grafiken und Texte – vermittelt. Die Spielelemente liegen darüber und sollen motivieren, dran zu bleiben: „Im Optimalfall macht ein Spiel Spaß und durch den Spaß lernt man besser und effektiver“, so Lars.
Als Beispiel nennt Lars das Spiel Hoba. Es wurde entwickelt, um Menschen im Rahmen einer Studie zum Einsparen von Heizkosten zu bewegen. Die Heizungen der Studienteilnehmenden wurden mit Sensoren ausgestattet, die maßen, wie viel Heizkosten die Teilnehmenden einsparten. Die eingesparten Heizkosten werden dann zu virtuellen Punkten, mit denen Hoba – eine Art Tamagotchi – gefüttert wird.
Ein gutes Spiel muss beides leisten: Langfristig und kurzfristig motivieren. Langfristig bedeutet, die Spielerinnen und Spieler immer wieder zu animieren, aktiv zu werden. Ganz nach Mary Poppins: „In every job that must be done, there is an element of fun”. Im Fall von Hoba bedeutet das konkret, die Studienteilnehmenden mit Hilfe des Spiels langfristig zum Heizkosten sparen zu motivieren. Die kurzfristige Motivation wird durch viele Faktoren beeinflusst und soll verhindern, dass man während des Spielens die Lust verliert. So muss ein Spiel eine gute Balance finden, nicht zu schwer, aber auch nicht zu leicht zu sein. Zudem ist ein schnelles Feedback innerhalb des Spiels wichtig. Das kann etwa ein Knopf sein, der seine Farbe ändert oder einen Ton macht, wenn man ihn drückt.
Indirekte Kommunikation
Spiele mit indirekter Kommunikation funktionieren anders. Dort steht das Spiel insgesamt als Modell für die Realität. Ein Beispiel ist das Spiel „3 gegen das Klima“. Beim Bauen von Spielelementen entsteht dort CO2, welches Einfluss auf das Klima im Spiel nimmt. Das sich verändernde Klima wiederum erschwert das Vorankommen im Spiel. Die Spielenden müssen erkennen, dass Konkurrenzdenken nicht zum Ziel führt und sie daher auf Kooperation setzen müssen. Das Spiel möchte also erreichen, dass die Spielenden die Fiktion auf die Realität übertragen.
Zurück auf dem Weg geht es weiter. Der Avatar erreicht einen breiten Wassergraben. Dahinter erhebt sich ein hohes Gebäude mit einer breiten Steintreppe. Gestützt wird es durch mächtige Säulen: Der Tempel der Erkenntnis.
Positive Veränderungen bewirken
Die Reise geht zu Ende und auf dem Weg zum Ziel haben wir viel gelernt. Abschließend erläutert Lars noch, dass Videospiele in der Wissenschaftskommunikation für alle Altersgruppen interessant sind: „Die Leute dürfen keine Vorurteile gegenüber Videospielen haben, dann funktioniert es eigentlich bei allen“. Da die Entwicklung von Spielen teuer ist, seien sie vor allem bei Problemen interessant, die über einen längeren Zeitraum relevant sind und kommuniziert werden müssen – etwa bei Klimawandel. „Hier geben uns Gamification-Projekte die Möglichkeit, positive Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken“ resümiert Lars.
Fotos © Jugend präsentiert
Maximilian Beyer
Projektbüro // Wissenschaft im Dialog Berlin